TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Donnerstag, 22. Januar 2015

Bauer sucht Frau: Publikumsliebling startet in 10. Staffel

von Svenja Loibl

Montag Abend, 21:15, Tatort: RTL. Eine wie immer über die Maßen gut gelaunte Inka Bause steht, umgeben von niedlichen Babyziegen, Sense schwingend in einer idyllisch ländlichen Szenerie und lächelt breit in die Kamera. Keine Frage: Wir sind bei Bauer sucht Frau. Seit nunmehr neun Jahren begrüßt Inka Bause zu der Sendung, die es liebenswerten Landwirten ermöglichen soll, selbst die ganz, ganz große Liebe zu finden. Das Show Format das auch in fast 30 anderen Ländern erfolgreich läuft, startete im Herbst 2014 in die 10. Staffel und ist erneut ein voller Erfolg.


Doch was ist das Erfolgsgeheimnis der Sendung, deren Konzept seit Sendestart in Deutschland 2005 kaum merklich verändert wurde? Die meist weiblichen Bewerber stellen sich den Landwirten per Brief vor und lernen, wenn sie das Glück hatten unter den zwei Auserwählten zu sein, ihre Schweine- und Milchbauern auf dem legendären Scheunenfest kennen. Nach einer einwöchigen Hofwoche trennen sich die Wege teils schweren Herzens und in der finalen Folge der Staffel berichtet Inka über das letztendliche Liebesglück der Paare. 
Der Erfolg der Sendung liegt jedoch nicht an den Moderationskünsten der fröhlichen Inka, die das Geschehen häufig mit gestelzten, aber doch sehr treffenden Bemerkungen kommentiert, sondern lebt von seinen Teilnehmern, die jedes Jahr aufs neue ein Millionenpublikum begeistern. Auffällig ist hier die Bandbreite an verschieden Charakteren, die in jeder Staffel vertreten sind. Zum Einem ist da immer der Charakter des ‚Spätzünder’, der mit Ende dreißig noch immer mit seinen Eltern auf dem Hof lebt und für den Bauer sucht Frau wie es scheint der einzige Weg ist, wirklich die große Liebe zu finden. Dieser ist, wie im Falle von Ralf, noch nie verliebt gewesen und Frauen bringen ihn, mit Ausnahme seiner Mutter, in große Verlegenheit. Der Bayer Markus, der wie die meisten Bauern mit Untertitel zum besseren Sprachverständnis versehen wurde, hat diese Staffel die Rolle des ‚Putzmuffels’ ergattert, dessen Auserwählte nach nur einer Nacht das Weite sucht. Für seine neue Flamme Nicole, welche als zweite Wahl auf den Hof beordert wurde, bezieht er dann sogar das Bett mit frischer (wunderschöner Teenie-Boygroup) Bettwäsche und putzt für sie in seinem Eifer auch noch das mit Schimmel befallene Bad. Der ‚Charmeur’ der Staffel ist ohne Frage der Witwer Karlheinz, der in seiner Lou das perfekte Gegenstück gefunden hat. Die beiden wirken verliebt wie Teenager und bewältigen das Hofleben wie ein alteingespieltes Team. Hier fällt es dem Zuschauer leicht an echte Gefühle zu glauben und es scheint als ob durch dieses Traumpaar der eigentliche Sinn der Sendung erfüllt wird. Auch wenn diese Staffel kein homosexueller Landwirt seine bessere Hälfte sucht, gibt es in der zehnten Staffel etwas Neues. Der ‚Coole’ der Staffel, der sympathische Schweinebauer Gunther aus Mittelfranken ist laut Inka „die neue Geraration Bauer“, die Fraktion, die am Wochenende in den angesagten Clubs der benachbarten Stadt auflegt und auch optisch nicht das Bauern-Klischee erfüllt. In Jenny hat Gunther auch seinen passenden Groupie gefunden, die ohne zu meckern jeden Schweinemist beseitigt und ihren Bauern mit großen Rehaugen anhimmelt. Und Gunther scheint die Aufmerksamkeit zu gefallen, auch wenn er auf die Frage seiner Schwester „ob’s denn auch kribbelt und er verknallt sei“, verlegen wirkt und wie ein kleiner Junge auf den Boden starrt. Und dann gibt es da noch diese Hollywood Momente, wenn ‚Spätzünder’ Ralf unter Herzklopfen seiner Angebeteten Ursula bei einem romantischen Picknick an der Weser bei einem Glas spritzigen Sprudelwasser seine Gefühle gesteht. Unterstützt wird die ohnehin schon innige Situation dann noch mit passender Musik alla Colbie Caillats „Falling for you“, während sich das Paar verliebt anhimmelt und dank Slow Motion Funktion die extreme Romantik des Moments noch einmal unterstrichen wird. 
Der heimliche Star der Sendung ist aber ohne jeden Zweifel der Schäfer Rainer, der mit seinem wunderbar ratlosen Gesichtsausdruck ohne es zu wollen herrlich komisch ist. Denn bei Bauer Rainer und seiner verwirrt wirkenden Heike läuft alles nach Schema F. Untermalt von Slapstick Musik passiert ihnen ein Missgeschick nach dem anderen und auch schon das Bedienen der Kaffeemaschine stellt das Chaos Team vor eine echte Herausforderung. Die beiden teilen jedoch nicht nur ihren Hang zur Ungeschicklichkeit. Der schüchterne Schäfer und die Krankenschwester lieben auch prickelnden Sekt, den sie sich jede Woche aufs Neue genehmigen (Ohne Gläser versteht sich, denn die scheinen in Rainers Haushalt entweder nicht vorhanden zu sein, oder sind für ihn einfach überflüssig) und der sie auch des Öfteren zu noch peinlicheren Gesprächen als sonst schon animiert. Und obwohl man (ich gebe es zu, ich schließe mich da nicht aus) an einigen Stellen mit oder auch über das oft unbeholfene Verhalten der Landwirte herzhaft lachen muss, habe ich nicht wie bei Das Supertalent oder vergleichbaren Formaten das Gefühl, dass die Kandidaten gezielt vorgeführt und auf die Schippe genommen werden. Vielleicht macht gerade dieses ehrliche Bemühen einer Partnervermittlung und die Tatsache, dass sich seit Beginn der Show in Deutschland 25 Paare dank Bauer such Frau gefunden haben, die Sendung Staffel für Staffel zum absoluten Publikumsliebling.

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