TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Montag, 17. Juli 2017

Traumfrau gesucht – Das Geschäft mit der Liebe und der Verzweiflung


von Laura Frank 

Des einen Freud, des anderen Leid. Diese altbekannte Volksweisheit bekommt eine ganz neue Bedeutung, hat man sie im Hinterkopf während man „Traumfrau gesucht“ sieht.
In der aktuellsten Staffel werden drei Singlemänner bei ihrer Suche im Ausland nach der wahren – oder auch der ersten – Liebe begleitet.
 
Da wäre auf der einen Seite Alexander, der nach einer 2-jährigen Ehe mit einer Russin wieder die gleiche Partnervermittlung in Russland aufsucht, um erneut seine „Traumfrau“ zu finden. Der Opernsänger bringt zu jedem Date grundsätzlich seinen Vater mit und legt neben unangebrachten Vorurteilen auch ungeniert taktloses Verhalten gegenüber seinen außerordentlich hübschen Dates an den Tag.
Nun wechseln der Ort und der Junggeselle, nur das Gefühl, man schäme sich fremd, bleibt dem Zuschauer. Die Kamera fokussiert einen jungen Mann mit unpassendem, blond gefärbtem Kurzhaarschnitt und einer knallgrünen, überdimensionalen Brille. Manuel, seines Zeichens selbst ernannter Schuh– und Brillensammler, sucht in Rio De Janeiro seine „Traumfrau“. Während seinem ersten Date am Strand der brasilianischen Metropole verliert der 23-jährige bei einem Bad seine Brille, beinahe seine Badehose und, so scheint es jedem der Zeuge wird, ein Teil seiner Würde. Dennoch entsteigt er selbstsicher den Wellen und rennt stolz auf sein Date zu, auf Grund der verlorenen Brille aber leider auch meterweit an ihr vorbei. Als Zuschauer bleibt man zurück mit einem Gefühl, zusammengesetzt aus Fremdscham, Belustigung und Ungläubigkeit.
Dann ist da noch Walther, das Urgestein dieses Formats. Wer der Meinung ist, die vorangehend beschriebenen Kandidaten seien das Maximum der Sendung gewesen, der wird nun eines Besseren belehrt. Das Reden von sich selbst in der dritten Person, die Angabe seines Alters mit 57+ und das ständige Verlangen sich zu Verkleiden sind nur ein paar der Aspekte, mit denen Walther überzeugt oder doch wohl eher auffällt. Nach unzähligen Besuchen in verschiedensten Ländern und massenhaften Dates hat Walther dennoch  tatsächlich seine „Traumfrau“ gefunden. Martha, eine blonde zierliche Frau Mitte 50, kommt aus Bulgarien und spricht gebrochen und zögerlich deutsch. Man bekommt den Eindruck, die Hälfte der selbstverliebten Monologe ihres Auserwählten gehen komplett an ihr vorbei, sie lächelt derweil lieber verlegen in die Kamera. Dann – der Höhepunkt des Formats bis dato – Walther macht Martha im romantischen Rom als Cäsar verkleidet einen Heiratsantrag. Große Gefühlsausbrüche bleiben jedoch, zumindest auf Marthas Seite, aus, denn ihre Antwort auf ein selbstgeschriebenes Liebesgedicht beschränkt sich auf ein zaghaftes, eher emotionsloses „Ja“.

Insgesamt ist das Konzept der Sendung einfach. Singlemänner gefilmt in einem Moment größter Unsicherheit. Während die einen diese Unsicherheit mit Selbstverliebtheit zu kompensieren versuchen, lassen andere ihrer Unbeholfenheit freien Lauf. Zum Vergnügen oder auch Leidwesen des Zuschauers. Entscheidet man sich für dieses Format, muss man mit einem Gefühlscocktail rechnen. Fremdscham, Ungläubigkeit, Belustigung und Faszination sind nur ein paar der Empfindungen, denen man sich während der kompletten Laufzeit  von „Traumfrau gesucht“ ausgesetzt fühlt. Auch die Frage nach dem „Warum“ bleibt. Doch vielleicht ist es gerade das, was dieses Format so interessant und erfolgreich macht, denn die Zahlen sprechen für sich. Seit 2012 wird jährlich eine Staffel „Traumfrau gesucht“ ausgestrahlt und auch an Kandidaten mangelt es der Show nicht. Dennoch bleiben ein fahler Beigeschmack und die Frage, ob es wirklich vertretbar ist, sich so ungeniert über andere lustig zu machen. Aber anscheinend bewährt sich hier erneut die Weisheit „Des einen Freud, des anderen Leid“.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen