TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 4. Juli 2017

„Bridget Jones“ trifft „Scrubs“ – und das im deutschen Fernsehen


von Eileen Osthoff 

2010, ein Tag wie jeder andere. Mein Bruder ruft mich an und fragt mich, ob ich ihm die zweite Staffel von „Doctors Diary“ kaufen und mitbringen kann. Klar, kein Problem, nach der Arbeit gehe ich kurz zu Media Markt. Dort angekommen finde ich aber nur eine deutsche RTL Produktion, auch noch mit dieser grauenhaften Schauspielerin, Diana Amft, auf dem Cover. Das muss ein Irrtum sein. Ich rufe meinen Bruder zurück, um nachzufragen. Ehrlich? RTL? Davon willst DU die zweite Staffel sehen? Oh Gott. Sein Vorschlag mit ihm die erste Folge zu gucken, damit ich mich doch bitte selber überzeugen kann, nehme ich, weniger begeistert, an. Denn ehrlich gesagt sind meine Erwartungen gegenüber der Autorenschaft von GZSZ, Alles was zählt, Schwiegertochter gesucht und Co. nicht allzu hoch.
Wie so oft sollte mein großer Bruder aber Recht behalten.
Nach 45 Minuten, so lange geht eine Folge, war ich hin und weg von der etwas übergewichtigen Schokoliebhaberin und Ärztin Doktor Haase, die nach ihrer Trennung natürlich nun mit ihrem Jugendschwarm Doktor Marc Meier (Florian David Fitz) konfrontiert wird. So viel Charm und Witz hätte ich der Serie gar nicht zugetraut. Aber das sehr überzeugend gespielte deutsche Pendant zu „Bridget Jones“ gemischt mit „Scrubs“ ist nun mal urkomisch. RTL hin oder her.
Neben den Gedanken der, am Anfang der Serie, 29-Jährigen unendlich romantischen Tagebuchschreiberin Gretchen Haase, geht es in dieser Serie aber auch um den Krankenhausalltag. Als würde das Gefühlschaos von Gretchen nicht reichen, hat sie es sehr schwer im Krankenhaus, als Tochter des Chefarztes und natürlich als Frau ernst genommen zu werden. Dass der leitende Arzt Traummann Marc Meier ist, der sie in der Schulzeit immer gemobbt hat, macht das ganze Unterfangen nicht einfacher. Zusätzliche Charaktere, wie der sensible Frauenversteher und Frauenarzt Medi Kaan, die hinterlistige und gemeine Gegenspielerin Schwester Gabi und die ebenfalls romantische und immer auf Gretchens Seite stehende Schwester Sabine, lassen den Krankenhausalltag nicht langweilig werden und versprechen viel Konfliktpotential.
Weil Margarete „Gretchen“ Haase nun mal in jedes Fettnäpfchen tritt und Marc es einfach nicht lassen kann, sich über das Gewicht der neuen Möchtegernärztin lustig zu machen, sind die Rollen von Anfang an klar verteilt. Auf den ersten Blick mögen diese Klischees flapsig erscheinen, jedoch machen genau diese Rollen die Charaktere so authentisch und sympathisch. Aber wie nicht anders zu erwarten, schafft es Gretchen irgendwann die harte Schale des gefühlskalten Marc zu knacken, doch das kann der Machoarzt natürlich nicht zulassen. Währenddessen gilt es immer noch ungewöhnliche Krankheiten, verrückte Patienten und natürlich die Probleme des Alltags zu bewältigen.
Ob und vor allem wie Gretchen endlich zu ihrem Märchen-Ende mit dem Prinzen auf dem weißen Ross kommt, entscheidet sich mit einigen Höhen und noch viel mehr Tiefen in 24 Folgen aufgeteilt in drei Staffeln meiner deutschen Lieblingsserie „Doctor‘s Diary“.
Ein paar Wochen später stehe ich wieder im Media Markt, diesmal um mir selber die noch fehlende letzte dritte Staffel zu besorgen. Wer hätte das gedacht? Ich nicht!

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