TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Montag, 17. Juli 2017

Fernsehen für Jedermann - Niemals "aus die Maus"

von Luisa Albrecht



Sonntag morgens 11:30. Die ganze Familie versammelt sich im Wohnzimmer vor dem Fernseher. "Hallo Maus-Fans!" Auf dem Bildschirm schaut hinter einem Busch ein etwas dicklicher, munter dreinschauender Mann hervor – natürlich – in einem grünen Pullover. Und jedes Mal dieselbe Frage neben mir vom Sofa: "Mensch, hat der denn keinen anderen Pullover daheim?" Der grüne Pullover - ein Markenzeichen, das wirklich fast jeder wiedererkennt. Ein Bild, dass auch ich noch aus meiner Kindheit im Kopf habe oder auch direkt vor meinen Augen - denn die Sendung mit der Maus wird einfach niemals out. Seit 1971 hat die Maus schon mehreren Generationen die Welt erklärt. Die Sendung wurde seitdem mehrmals national und international ausgezeichnet und gilt als eine der erfolgreichsten Kindersendungen des deutschen Fernsehens. Aber genug mit den Fakten und zurück ins Wohnzimmer, denn heute soll ja noch so einiges gelernt werden. Nachdem Christoph Biemann – der Mann im grünen Pullover – genau analysiert hat, was alles im Frühling im Garten blüht, wird uns im Vorspann erzählt, was uns heute alles so an "Lach- und Sachgeschichten" erwartet.
Vor allem die Wiederholung des Vorspanns in einer Fremdsprache ist natürlich ein Muss. Jedes Mal kann jeder auf ein Neues raten, welche Sprache er meint zu verstehen. Heute war es Chinesisch, ganz klar – das hat sogar mein sechsjähriger Bruder erkannt. Zu aller erst werden wir über das "Geheimnis der runden Konservendose" aufgeklärt. Warum sind Konservendosen überhaupt rund? Eine Frage, die ich mir selbst noch nie gestellt hatte. Denn obwohl alle "Sachgeschichten" in einer kindergerechten Sprache sehr deutlich und sehr ausführlich erklärt werden, kann selbst ein Erwachsener jede Woche wieder aufs Neue etwas lernen. Und womit ich auch rechnen muss, ist, dass meine Geschwister, wenn ich fatalerweise eine oder mehrere Folgen verpasst habe, einiges besser wissen als ich. Später erfahren wir dann auch, warum die Konservendose rund ist und nicht eckig – nämlich, weil die Dose sich beim Erhitzen ausdehnt und alles was eckig ist dadurch sowieso rund werden würde. Aha, und wieder etwas gelernt.
Die nächste Szene ist ein sogenannter Maus-Spot, hier treten neben der Maus oft auch der Elefant und die Ente auf. Gemeinsam lösen sie immer auf lustige Art und Weise Probleme, dabei sprechen die Figuren nicht. Untermalt werden die kurzen Spots mit Musik und Soundeffekten. Das Augenklimpern der Maus ist hier jedes Mal wieder sehr einprägsam und vielleicht auch ein kleines bisschen nervig. Im heutigen Maus-Spot sehen wir die Maus, wie sie genervt versucht, in einem extrem quietschenden Bett einzuschlafen. Das Problem ist nur, dass es draußen schon hell ist und die grelle Sonne in das Zimmer scheint. Die Maus hat aber natürlich einen bahnbrechenden Einfall. Kurzerhand übermalt sie einfach das Fenster mit dunkler Farbe und verziert es noch mit Mond und Sternen. Ein Trick, den ich mir auf jeden Fall merken muss, wenn ich das nächste Mal morgens vom Feiern heimkomme.
Neben allerlei Wissenswertem gibt es natürlich noch einige "Lachgeschichten" zur Unterhaltung, die vielleicht für den Erwachsenen nicht mehr ganz so witzig sind, bei Kindern aber auf jeden Fall Spitze ankommen. Heute wird uns das Märchen von der Prinzessin auf der Erbse erzählt. Außerdem lernen wir später noch eine echte Prinzessin kennen, nämlich Prinzessin Eilika von Anhalt, die nicht nur den ganzen Tag herumwandert und hübsch aussieht, sondern – zum Erstaunen mancher Zuschauer - auch selbst Gemüse schneiden muss. Und zum Schluss kommt natürlich noch der von uns allen so geliebte Käpt'n Blaubär, der uns wieder die allergrößte Lügengeschichte überhaupt auftischt und zwar wie er der Königinmutter von Feuerland einen lilaschwänzigen Quasselschnäbler besorgt hat. Da musste auch ich noch ein wenig schmunzeln. 
Die Sendung mit der Maus kennt einfach keine Altersgrenze. Im Internet wird die Sendung als "sehr alt, aber sehr modern" tituliert, denn die Maus ist mittlerweile auch schon 46 Jahre alt. Die Liebe der Zuschauer zu der Sendung wird jedoch nicht geschmälert, denn im Programm ist wirklich für Jeden etwas dabei. Auch wenn das Zielpublikum eigentlich Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter darstellt, wird das Durchschnittsalter der Rezipienten auf 40 Jahre geschätzt. Meistens ist es eben doch die ganze Familie, die Sonntag morgens vor dem Fernseher sitzt um vielleicht wieder etwas Neues zu lernen. Die Maus erklärte uns, wie die Zahnpasta in die Tube kommt, warum der Himmel blau ist, wie man Kaugummi herstellt, wie die Löcher in den Käse kommen oder wie das Wetter funktioniert. Sie schreckte auch nicht vor komplexen Themen wie Tschernobyl, der Nachkriegszeit oder dem Internet zurück. Deshalb bleibt die Sendung mit der Maus, neben all dem Reality-TV und den Talk-Shows einfach etwas Besonderes. Wie auch Armin Maiwald, der Erfinder der Maus, im Interview mit der ZEIT feststellt: "Die Sendung mit der Maus macht einige Zuschauer vielleicht schlauer, das Fernsehen allgemein nicht."

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