TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Donnerstag, 23. November 2017

Vielen Dank für die Blumen - Tom und Jerry

Von Lara Kleinkauf 

„Vielen Dank für die Blumen, vielen Dank wie lieb von dir“ - Und schon summt man im Kopf die Melodie von Udo Jürgens bekanntesten Lied, während man im Kopf Tom & Jerry in einem tobenden Katz-und-Maus-Spiel durchs Haus jagen sieht. Ganze Genrationen sind mit der 1940 erstmals ausgestrahlten US-amerikanischen Zeichentrickserie aufgewachsen, in der sich Kater Tom und Hausmaus Jerry immer wieder neue fiese Streiche ausdenken, um sich gegenseitig eins auszuwischen. Sprechen tun die Zeichentrickfiguren allerdings nicht – Es sei denn es kommt ein Mensch dazu, von denen allerdings nicht mehr als die untere Körperhälfte zu sehen ist. Dafür wird zusätzlich zur ausdrucksstarken musikalischen Hinterlegung, das Geschehen meist aus Jerry Perspektive von einer Stimme aus dem Off kommentiert. 
Seit ihrer Erstaustrahlung gewann die Serie des Metro-Goldwinn-Mayer-Trickfilmstudios (MGM) weltweit schnell an Beliebtheit, woraufhin die Regisseure Hanna und Josep Barbera bis 1957 über hundert Folgen für das Kino produzierten.
1976 lief sie erstmals auch im deutschen Fernsehen im ZDF an. Sieben Folgen wurden sogar mit dem Oscar ausgezeichnet und sechs weitere immerhin dafür nominiert. Damit ist sie die meist ausgezeichnete Zeichentrickserie überhaupt.
Auf der einen Seite hochgelobt und heiß geliebt, hat sie allerdings auch viele Kritiker. Zum Einen gehen die bitterbösen Streiche & Prügeleien, die Tom und Jerry sich gegenseitig spielen, für viele besorgte Eltern zu weit, was sie dem MGM Studio auch trotz Anpassungsversuche in zahlreichen Hassbriefen mitteilen. Wo politische Korrektheit auch zu weit gehen kann, ist sie an anderer Stelle vielleicht doch nötig. Zu den Gewaltexzessen zwischen Katz und Maus gesellen sich allerdings auch rassistische Stereotypisierungen, die der Kinderserie vorgeworfen werden. „Die Kurzfolgen von Tom und Jerry können rassistische und ethnische Vorurteile beinhalten, die zu damaliger Zeit in der amerikanischen Gesellschaft weit verbreitet waren.“, warnt Amazon seine Nutzer, wenn diese eine Folge ansehen wollen. Und tatsächlich scheint die Haushälterin Mammy Two Shoes ein wandelndes Klischee eines afroamerikanischen Dienstmädchens zu sein – Geschaffen zur Unterhaltung weißer Proletarierfamilien. Zwar wurde sie in den 60er Jahren durch ein weißes Hausmädchen ersetzt, sowie kritische, zu gewalttätige oder vorurteilsbehaftete Szenen herausgeschnitten oder abgewandelt. Aber ist das Wegschneiden nicht auch nur eine Verschönerung einer kritischen Vergangenheit, die im Anblick des noch heute existenten Rassismus in den USA gar nicht mal so vergangen ist? Aus dieser Perspektive ist Tom & Jerry ein Stück der Zeitdokumentation, dass die damaligen Verhältnisse wiederspiegelt und aufzeigt, dass nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen war. Aber ob man eine Serie, die mit rassistischen Vorurteilen spielt und Gewaltszenen beinhaltet, wirklich seinen Kindern zeigen will sollte man sich zweimal überlegen. Ebenso sollte sich die Oscar-Jury überlegen, ob eine solche Serie wirklich Blumen verdient hat.

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