Von Marie Lorenz
Ein Musiker, ein Satiriker, ein Tisch und vier Gäste. Die Talkshow von Olli Schulz und Jan Böhmermann auf ZDFneo hebt sich von anderen ihrer Art ab: sie nimmt sich selbst nicht allzu ernst, vielleicht auch gar nicht. Und obwohl alles für eine gute Show spricht, hapert es an der Umsetzung.
Wenn Olli Schulz und Jan Böhmermann ihre vier Gäste empfangen, sieht das Anfangs aus wie eine Talkshow der 60er Jahre: Moderatoren und Gäste trinken Whiskey, rauchen Zigaretten und sprechen in alte Sennheiser-Mikrofone. Das Konzept der Show entspricht allerdings der modernsten Auffassung einer Talkshow, in der die Beteiligten uneingeschränkt ihre Meinung preisgeben und miteinander diskutieren sollen. 2012 nutzte Böhmermann die gleiche Kulisse bereits mit Kollegin Charlotte Roche. Das Format wurde jedoch nach nicht ganz einem Jahr aufgrund von Uneinigkeiten zwischen den Beteiligten eingestellt. Während Schulz‘ Gastauftritt in Böhmermanns Hauptbaby Neo Magazin Royale wurde dann bekannt gegeben, dass die beiden eine gemeinsame Talkshow produzieren werden. Während bei Roche & Böhmermann noch William Cohn, der Mann mit dem Bierbauch, für Lacher bei der Vorstellungsrunde der Gäste sorgte, übernimmt die Dramatikerin Sibylle Berg diese Aufgabe bei Schulz & Böhmermann und überzeugt regelmäßig mit Raffinesse und Coolness. Ihre Kurzvorstellungen aus dem Off erzählt sie so, dass sogar Rapper Kollegahs Drang zum Muskelpumpen in Form von Kurzprosa belesen erscheint.
Das Thema ergibt sich dabei meist im Verlaufe des Gespräches, wobei idealerweise der Großteil der Gäste bereits öffentlich ihre Meinung zu diesem kundgetan haben und natürlich verschiedene Ansichten vertreten – so wie es bei einer guten Talkshow nun mal sein sollte. Probleme treten dabei nur auf, wenn Satiriker Böhmermann und Musiker Schulz bereits im Voraus ihr Opfer bestimmen und diesem gar keine Chance mehr geben sich zu verteidigen. Passiert bei Uschi Glas Sohn Ben Tewaag, der seine Mutter öffentlich für seine deformierte Charakterbildung verantwortlich machte und mit seinen Sex-Chats für Aufruhr in der Klatschpresse sorgte und damit von vornherein als Misogyn und Sexist betitelt wurde. Trotz Versuche der Rechtfertigung wurde er von Schulz und Böhmermann immer wieder in die Ecke gedrängt und in eine Schublade gesteckt, aus der er allein nicht mehr rauskam. Ungünstig nur, dass auch die anderen Gäste der Show so gar nicht auf seiner Seite standen, was letztendlich zu einer sehr unausgeglichenen Alle-gegen-Einen-Show führte.
Allseits bekannt ist auch, dass Jan Böhmermann ein Problem mit dem Echo und deutscher Popmusik hat. Im Neo Magazin Royale hat er deshalb auch schon einen Parodiesong à la Max Giesinger geschrieben und veröffentlicht. Trotzdem akzeptierte Tim Bendzko, ebenfalls deutscher Vorzeige-Popmusiker, eine Einladung zu Schulz & Böhmermann und schon war das nächste Opfer auserwählt. Böhmermann war erpicht auf eine Stellungnahme Bendzkos in Hinsicht auf die Auswahl seiner Songtexte. Seiner Meinung nach sind diese wohl zu politisch unmotiviert, simpel und widersprüchlich: nun will er doch wirklich „Nur noch kurz die Welt retten“, ist aber „Keine Maschine“. Bendzko ging jedoch nicht auf die Sticheleien ein und erklärte unbeeindruckt seine Intentionen. Er war vermutlich auf die Attacke bereits vorbereitet, denn Böhmermanns Taktik wird durchschaubar. Und außerdem Jan, hast du Ollis Musik schon mal gehört?
Vielleicht passt Olli Schulz aber trotzdem besser in den Beruf des Musikers, als in den des Moderators. Vielleicht denkt er zu viel nach, vielleicht zu wenig, aber Olli Schulz gelingt es nicht eine Frage zu stellen. Eine vermeintliche Frage entwickelt sich zu mindestens zehn scheinbar unzusammenhängenden Sätzen. Keiner davon entwickelt sich aber zu einer Frage, sondern mehr zu Aussagen und der Zuschauer ist verwirrt. Außer dieser Satzkonstellationen kommt von Olli Schulz aber nicht viel mehr, größtenteils noch Peniswitze. Er erzählt Peniswitze sobald er keinen vernünftigen Grund hat zu reden, aber trotzdem seine Stimme hören möchte. Was die beiden Moderatoren dann machen und scheinbar für eine gute Idee bei einer im Fernsehen übertragenen Show halten ist, sie drücken einen Knopf und der Zuschauer hört nur noch ein lautes Piepen. Ein kontraproduktiver Einfall. Genau wie das gegenseitige Schreiben von SMSen, welche die Zuschauer dann auf ihrem Bildschirm lesen können. Das ist nicht nur unhöflich den Gästen gegenüber, sondern hindert allwissend auch den Zuschauer daran das Gespräch der Anderen gleichzeitig zu verfolgen.
Olli Schulz und Jan Böhmermann setzen nichtsdestotrotz viel daran, interessante Gäste in ihre Show zu holen. So waren schon Jörg Kachelmann, Claudia Roth, der Flüchtling Gheiath Hobi oder Zuhälter Anton Claaßen zu Gast, welche alle ihre Geschichten und Standpunkte erzählen konnten. Auch Jenny Elvers sprach über ihre Alkoholsucht und die damit zusammenhängenden Schicksalsschläge und Probleme. Wenn gleichzeitig aber Autorin Margarete Stokowski die Whiskeyflasche aufpoppen lässt und alle lachen, stellt sich nur noch die Frage, ob das lustig sein soll oder einfach hochgradig respektlos.
Am Ende einer jeden Sendung bleiben Schulz und Böhmermann noch kurz alleine an ihrem runden Tisch sitzen und besprechen die eben vergangene Show. Dabei wird auf die unausgeglichene Redezeit der Gäste eingegangen, deren positive oder negative Wirkung und auch Kritik aneinander verübt. Schulz und Böhmermann sollten aber auch einmal die Kritik an ihrer ganzen Show miteinbeziehen und sich darauf einigen, dass es so einfach nicht wirklich gut ist. Ein scheinbar erfolgsversprechendes Konzept wird hierbei leider eher dürftig umgesetzt. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass die Sendung von wöchentlich um 22:45 Uhr auf einmal monatlich um 23:15 Uhr verlagert wurde. Vielleicht sind Schulz und Böhmermann aber auch einfach zufrieden mit dem, was sie abliefern und wollten genau das schaffen: eine Satire-Talkshow.
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