TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Montag, 13. November 2017

Californication. Drogen, Sex und Schwarzer Humor

von Kristina Neumüller 

„I probably won’t go down in history, but I will go down on your sister.“ 

Hank Moody - Ein Mann voller Selbstverachtung, Sarkasmus und genialer Schlagfertigkeit, verkörpert durch den „Akte X“-Star David Duchovny als Hauptfigur in der Serie Californication. Der Mittvierziger ist Schriftsteller und lebt in Kalifornien, das hier als glanzvolle Kulisse der Serie dient und einen Blick in die Abgründe von Los Angeles wirft, dem surrealen Drogen-, Sex-, und Hollywood-Wahnsinn. Mittendrin Hank, der weder sich selbst noch sein Leben im Griff hat. Gelangweilt verläuft und verliert er sich in der Belanglosigkeit seines Lebens und betäubt sich mit Drogen aller Art und Sex, der für ihn als bloße Ablenkung dient: „Ich verachte mein Leben, ich verachte mich, aber es macht mir nichts aus“.


Die Serie ist jedoch nicht nur oberflächlich, was zunächst den Anschein erwecken mag. Ununterbrochen versucht Hank seine Schreibblockade zu überwinden und endlich einen neuen Erfolgsroman zu schreiben. Außerdem versucht er mit Karen (Natascha McElhone), der Liebe seines Lebens und Mutter der gemeinsamen Tochter Becca (Madeleine Martin) wieder zusammenzukommen. Themen sind Freundschaft, Eifersucht und Familie gefüllt mit viel Wortwitz, Charme und genialen Dialogen. Weiterere wichtige Charaktere der Serie sind Charlie Runkle (Evan Handler), der sein bester Freund und gleichzeitig auch sein Agent ist, und dessen Ehefrau Marcy Runkle (Pamela Adlon), beste Freundin von Karen. Beide stehen Hank immer mit Rat und Tat zur Seite und versuchen das verrückte Gespann beisammenzuhalten.
Hank versucht trotz seiner Drogen- und Alkoholsucht, seinem Job und seinen unsittlichen Angewohnheiten ein guter Vater für seine Tochter zu sein. Er möchte mit Karen glücklich werden, verdirbt es jedoch immer wieder. Stattdessen ertrinkt er mithilfe von Alkohol in Selbstmitleid und Selbstverachtung und vergnügt sich mit zahlreichen Frauen. Hank kann Frauen nicht widerstehen und sie ihm auch nicht - was ihn regelmäßig in Schwierigkeiten bringt. Trotzdem lebt er durchgehend nach dem Motto „A morning of awkwardness is far better than a night of loneliness.“ Doch all seine Handlungen holen ihn irgenwann ein: Wenn Hank mit Beccas Lehrerin oder der Mutter ihres ersten Freundes schläft, ein wütender Ehemann seinen Porsche mit einem Baseballschläger bearbeitet oder eines morgens alle drei Geliebten gleichzeitig vor der Tür stehen - Karen zieht sich entsetzt und enttäuscht wieder von ihm zurück.

Trotzdem ist er eigentlich ein guter Kerl. Er bleibt sympathisch, weil er immer sagt was er denkt und sich mit jedem anlegt, der ihm gegen den Strich geht. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und setzt sich für seine Freunde und Familie ein. Eigentlich will er ja nur mit seiner Famile Karen und Becca glücklich werden. Hinsichtlich Handlung sticht die Serie nicht heraus, was aber durch Dialoge, Inszenierung und die genialen Schauspieler wieder wettgemacht wird. Aus diesem Grund ist man von der Hauptfigur von Staffel zu Staffel auch nicht genervt, sondern bleibt durchgehend unterhalten von Hank, der als charmanter Idiot mit seinem speziellen Humor hervorragend entertained.

Besonders interessant ist dabei die Darstellung der Schattenseite von Hollywood. Einer-seits dargestellt als eine Welt des Sex, Drugs and Rock’n'Roll in der dem Wahnsinn keine Grenzen gesetzt sind, andererseits auch als ein Ort am Abgrund: unwirklich und bedeutungslos, in der jeder den Bezug zum „normalen“ Leben verliert und verdirbt. Hank sucht vergebens nach seinem Platz im Leben, wird eingesaugt von der unwirklichen Scheinwelt der Filmindustrie. Californication will schocken, die „ungeschminkte Seite“ von Los Angeles zum Vorschein bringen und die Regeln des sauberen US-Fernsehens brechen. So steht Hank Moody gleich in der ersten Szene in einer Kirche und versucht mit Jesus ins Reine zu kommen, als eine Nonne hereinstolziert und für die Vergebung seiner Sünden direkt vor dem Altar einen Blowjob durchführt, da sie meint, ein paar Vaterunser zu beten würde nicht ausreichen (was sich dann später als Traum entpuppt).  

Duchovny glänzt in dieser Rolle des verwahrlosten Schriftstellers. Derart pointiert mit Wortwitz und schwarzem Humor gibt er den zynischen Philisophen mit viel Hingabe. Seine Darstellung ist derart authentisch, dass man sich fragt, ob Duchovny sich selbst spielt und es sich um eine gelungene Form von typecasting handelt: 2008 ließ sich der Schauspieler nämlich gegen seine Sexsucht therapieren. Der gesamte Cast spielt mit viel Leidenschaft, wodurch einem die Schicksale der Charaktere zu Herzen gehen. Die Serie, bestehend aus sieben Staffeln à zwölf Folgen, ist nicht nur ironisch, sondern auch packend und teilweise tragisch. 

Der Unterhaltungswert von Californication bleibt von Staffel zu Staffel konstant erhalten. Und obwohl die letzten beiden Staffeln generell etwas schwächer sind, haben sie dennoch nichts an der Genialität des Skripts und der Figur des Hank Moody eingebüßt. Erwähnenswert ist auch die verwendete Musik der Serie. Die klassischen und modernen Rocklieder passen sehr zur Figur des Hank Moody und allgemein zur Atmosphäre. Eine intelligente und witzige Serie, bei der sich das Einschalten lohnt!

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