von Chiara Giebelen
 
Die Serie „Haus des Geldes“ist eine spanische Thriller-Drama-Serie. Die von Álex Pina kreiert Serie wurde als erstes 2017 auf Antena 3 ausgestrahlt und hatte anfangs nicht viele Zuschauer. Dies änderte sich jedoch als Netflix die Serie aufkaufte und so für ihre internationale Veröffentlichung eine neue Schnittfassung anfertigte. Somit unterschiedet sich  die  Episodenzählung  gravierend  von der Originalausstrahlung  auf Antena 3 und wurde außerdem in zwei Staffeln aufgeteilt. Die Serie entpuppte sich zu einem riesen Erfolg, dem alleine es zu verdanken ist, dass eine vierte Staffel gedreht wurde und noch weitere zwei folgen sollen. Außerdem bekam die Serie sogar einen Emmy in der Kategorie beste Dramaserie verliehen.
Wie viele Filme und Serien machte auch „Haus des Geldes“ eine Entwicklung durch und änderte sogar eher untypischerweise den  Serientitel,  denn die  Serie trug im  Original einen eher abweichenden Namen. Der ursprünglich angedachte  Originaltitel war „Los Desahuciados“, was übersetzt aus dem Spanischen ins Deutsche so viel bedeutet wie Die Hoffnungslosen  bzw. Die Verzweifelten. Dieser Titel hätte jedoch zunächst eine völlig andere Richtung eingeschlagen und zumindest vom Namen her auch einen anderen Dreh. Der Fokus wäre damit mehr auf die ähnlichen Lebenssituationen der Protagonisten, bevor der Professor sie rekrutierte, gelegt worden und außerdem von den Bankräubern und ihrem Handwerk weiterentfernt gewesen.
Der neue und im spanischen Original bei Netflix großgewordene Titel lautet „La Casa de Papel“, wodurch also das Heist-Genre im Vordergrund steht. Bei diesem Titel schwingt sowohl das geraubte (Papier-)Geld als auch das leicht einstürzende  Kartenhaus mit. Somit ist der deutsche Titel „Haus des Geldes“ relativ deckungsgleich.
Haus des Geldes hat auf der Welt mehrere Namen. Mit die größten Unterschiede zum spanischen Originaltitel lassen sich bei dem international englischen Titel „Money Heist“ (Geldraub), dem ungarischen „A nagy pénzrablás“ (Die große Geldwäsche)  und dem vietnamesischen „Phi Vụ Triệu Đô“ (Millionen-Dollar-Service) feststellen.
 
In „Haus des Geldes“ wird in den ersten beiden Staffeln die Geschichte eines Raubüberfalls mit Geiselnahme auf die spanische Banknotendruckerei beziehungsweise auf die spanische Zentralbank in Staffel 3 und 4 erzählt.
Der Serieneinstieg beginnt damit, dass ein mysteriöser Mann, der sich selbst „der Professor" nennt, den spektakulärsten Einbruch in der Geschichte Spaniens plant. Für die Durchführung des Plans scharrt er eine Bande von acht Verbrechern um sich, die mit ihm dasselbe Ziel verfolge nund  hoch  professionell die Banknotendruckerei Fábrica Nacional de Moneda y Timbre ausrauben sollen. Um ihr Ziel von 2,4 Milliarden Euro zu erreichen, brauchen sie elf Tage Zugriff auf die  Gelddrucker in der Bank. Und das erfordert einen sehr gut durchdachten Plan, um die Spezialkräfte der spanischen Polizei hinters Licht zu führen. Die Räuber sind nach vielsagenden Hauptstädten benannt und kennen ihre eigentlichen Identitäten  untereinander  nicht. Kopf der Bande ist der Professor, der keinerlei Vorstrafen hat und sich außerhalb der Gruppe frei  bewegen kann.
Kleiner Spoiler: Er verliebt sich in die leitende Beamtin Raquel, die den Überfall aufklären soll. Auch weitere unvorhersehbare Liebesbeziehungen kristallisieren sich im Laufe der 1. Staffel heraus.
 
Man bekommt als Zuschauer das Gefühl einem überaus durchdachten Masterplan des Professors beizuwohnen und nicht beispielsweise einer Gruppe von Gaunern, die nichts zu verlieren haben und daher die ein oder andere Bank überfallen. Mangel an Sorgfalt kann man den Machern der Serie auch keineswegs vorwerfen. Die Drehbücher werden während der  Dreharbeiten weiter- oder teils in der Szene selbst nochmal umgeschrieben. Sie sind darauf bedacht die Natürlichkeit der Handlungsabläufe und das Profil der Charaktere bestmöglich herauszuarbeiten. Die gesamte Produktion legt somit großen  Wert auf Details. Gerade durch die Tatsache, dass jederzeit einfach alles passieren und eine nicht vorhersehbare Wendung  kommen kann, wirkt die Serie so unglaublich authentisch und real und lässt einem als  Zuschauer keine Sekunde entspannen  oder mit den Gedanken abschweifen. Auch die ganzen Fehler und Eskalationen, die während des Einbruchs der kriminellen Bande passieren, verstärken diesen Effekt noch und lassen sie umso menschlicher wirken. Genauso wie die oben schon  angesprochenen Liebschaften spielen diese in Bezug auf Identifikation und Realität der Serie in ihre Karten.
 
Mit der Serie wurden außerdem Zeichen gesetzt; der rote Overall und die Masken, die die Protagonisten tragen, zusammen mit dem immer wiederkehrenden Lied „Bella ciao“. Die Maske lässt sich darauf zurückführen, dass „Haus  des  Geldes“ zunächst  von  der spanischen Empörtenbewegung handeln sollte und die acht Gangster zunächst acht von den Banken  Enteignete waren,  die aus ihren Wohnungen geworfen wurden. Somit waren sie von der damaligen Wirtschaftskrise betroffen, in der die  Zentralbank Milliarden druckte, um  Banken aber keine  Menschen zu retten. Dieses Verhalten verdeutlicht die Serie: die  Leute drucken ihr Geld, was für die Bankenrettung anscheinend  legitim war. Statt einfach Enteigneten ist man dann in der  Serie dazu übergegangeneben auf professionelle Einbrecher zu setzen. Bei der spanischen Empörtenbewegung hatten damals manche die Anonymouse-Masken auf. Es sollte jetzt aber nicht ganz so direkt drauf Bezug genommen werden und so wurde erst eine Don-Quijote- und dann in der weiteren Ausarbeitung des Drehbuchs schließlich die Dali-Maske genommen.
Das Lied „Bella  Ciao“ stammt von italienischen Partisanen, die im Zweiten Weltkrieg gegen den Faschismus kämpften. Mit dem Lied riefen sie zum Kampf auf und gedachten der Toten. „Bella Ciao“ selbst geht auf ein italienisches Volkslied zurück, dass älter ist als das Lied der Partisanen. Eine erste dokumentierte Fassung ist auf das Jahr 1906 datiert. Hier ist das Lied ein Arbeiter- und Protestlied, in dem die harten Arbeitsbedingungen der Reispflückerinnen angeklagt werden. Im Lied wird davon gesungen, dass Arbeiter geknechtet werden und sie darauf hoffen eines Tages frei zu sein. Die  italienische Widerstandsbewegung gegen den Faschismus textete das Lied vermutlich um 1945 um. Achtung Spoiler: Das Lied  wird von dem Professor und seinem Komplizen Berlin erstmals in einer der schönsten Szenen gesunden. Danach wird es an diversen Stellen gespielt und von den Protagonisten zusammengesungen.
 
Ich verschlang vor allem zu Beginn eine Folge nach der anderen und jede Folge von der ersten Staffel wurde mit einem  fiesen Cliffhanger beendet, dass man einfach weiter schauen muss. Denn natürlich läuft nie alles nach Plan. Die Polizei wird immer wieder hingehalten, der Plan wird von Spannungen innerhalb der Bankräuber durchkreuzt, von Liebesbeziehungen und dem aktionistischen Geheimdienst. „Haus des Geldes" ist meiner Meinung nach gute Unterhaltung mit einem gesunden Schuss Kapitalismuskritik. Wie ich aber auch festgestellt habe, gibt es trotz der Beliebtheit viele Kritiker der  Serie. Vor allem lässt sich vermehrt Kritik ab Staffel 3 verzeichnen. Ab diesem Zeitpunkt klagen viele, dass sich die Geschichte sozusagen nur wiederholt mit dem Einbruch in die neue Bank. Auch bemängeln manche die an ein paar Stellen fehlende Logik. Achtung Spoiler: Jede normale Geiselnahme, die so ablaufen würde, wäre in der Realität wahrscheinlich nach 1 Stunde beendet. Die Protagonisten zeichnen sich vor allem durch ihr großes Ego aus, was an Entscheidungen getroffen wird, ist teilweise nicht durch Druck zu erklären, sondern eher durch Unüberlegtheit. Theoretisch hört sich ersteinmal jeder Plan gut an, praktisch allerdings sieht das Ganze völlig anders aus. Ein paar Fragen zu der Serie, die aufzeigen welche  Logikkrater zum  Einsatz  kommen. Es sollen im Team keine persönlichen Beziehungen aufgebaut werden. Wie passen da Vater  und Sohn, befreundete Verbrecher (Helsinki, Oslo), und nahe Stehende (Professor, Berlin) rein? Was machen eigentlich die  aufgeteilten Geiseln so, während sich die eine Hälfte der Geiselnehmer fröhlich durch die Gegend vergnügt und die anderen  Mist bauen? Wie kann es sein, dass man einen Querulanten fröhlich weiter querulieren lässt anstatt ihn schlicht und ergreifend weg zu sperren? So baut sich aus diesen Logiklöchern aber auch eine Spannung auf. Ebenso weil die Geiselnehmer, anstatt einfach im Team zu arbeiten, alle ihre Egos anfeuern. Das ist ein Soap Element.
Ich bin dennoch gespannt auf die noch kommenden Staffeln und hoffe, dass weiterhin genau die oben genannten Punkte, die die Serie bisher ausgemacht haben, weiterhin gut inszeniert und nicht irgendwann, wie bei leider vielen anderen Serien,  nur noch ausgeschlachtet werden. Wer die Serie wirklich noch nicht kennen sollte, ein Blick zumindest in die ersten zwei Staffeln lohnt sich aus meiner Sicht auf jeden Fall.
 
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