TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 3. März 2020

Dr. House Schlechter Mensch und brillanter Arzt – eine gute Kombination?

von Frank Zmuda

Doktor Gregory House, wer kennt nicht den humpelnden, immer unrasierten und unfreundlichen Arzt vom Princeton-Plainsboro Krankenhaus mit den Diagnosen für ungewöhnliche bzw. unlösbare Fälle. Mit seiner zynischen Art und seinem genialen Verstand brachte er schon viele zum Lachen oder ließ sie mit einem fragenden Blick zurück. Die Fernsehserie Dr. House hat von 2004 bis 2012 seine zahlreichen Zuschauer mit jeweils einer Staffel pro Jahr und insgesamt 177 Folgen unterhalten. Doch konnte diese auch den Unterhaltungswert über die Zeit hoch halten?
Zur Etablierung der Handlungsortes, der Charaktere und des Serienkonzeptes eignet sich nichts Besseres als die Pilotfolge. Als erstes wird der Patient, meistens außerhalb des Krankenhauses, in einer gewöhnlichen Lebenssituation gezeigt, wo dann die primären Symptome eintreten. Schon ist man am Klinikum eingetroffen und nach dem ersten Gespräch von Dr. House mit Dr. Wilson ist klar, dass dieser ein fragwürdiges Faible für interessante Fälle hat. Zugleich wird gezeigt, dass House gehbehindert ist und gewisse Pillen einnimmt. Dazu wird erwähnt, dass House ein Diagnostikteam mit drei hoch qualifizierten Ärzten leitet. Das Team besteht aus Dr. Foreman, welcher, wie sich innerhalb der Folge herausstellt, vorbestraft ist und deswegen auch von House eingestellt wurde, Dr. Chase, der durch ein Telefonat seines Vaters in das Team gerückt ist, und Dr. Cameron, welche hinzu kam, weil sie laut House "seelisch beschädigt" ist. Schließen tut er das aus der Tatsache, dass sie, trotz ihres guten Aussehens, sich "ihren süßen kleinen Arsch abgerackert" hat, obwohl sie es viel leichter hätte haben können. Fehlt nur noch die Chefin des Hospitals, Dr. Cuddy. Man könnte die Beziehung von House und Cuddy mit der von zankenden Kindern vergleichen. Stellt sich House quer, wird ihm die Autorisierung für jegliche Tests entzogen. Er versucht dann mit allen, größtenteils infantilen Mitteln, Cuddy zu sabotieren. Im weiteren Verlauf der Folge wird hervorgehoben, dass Dr. Wilson der beste Freund von House ist, obwohl dieser nach ihm kein guter Mensch ist. Zum Ende der Episode spricht House zum ersten Mal mit seiner Patientin aufgrund der Nicht-Zustimmung für weitere Behandlungen, weil diese, mit Risiko behafteten Therapien, bis dahin keine Besserung erbrachten. Damit bricht er ebenfalls eines seiner eigenen Gebote, dass er niemals mit Patienten redet. Wir erfahren hierbei den Grund für seine Behinderung, den Muskeltod im Oberschenkel, was fortwährende Schmerzen zur Folge hat und weswegen er auch die Schmerzmittel zu sich nimmt. Die letzte aufzuführende Komponente ist der Ambulanzdienst, welchen House als Bestrafung machen muss. Hier werden, zumeist außerhalb des Kontextes des Episodenfalles, verschiedene Phänomene aufgegriffen, wie beispielsweise eine Mutter, die ihrem Kind die Medikation verweigert, weil sie es beunruhigend findet, dass ihr Sohn mit so starken Mitteln behandelt wird, obwohl das lebenswichtig für diesen ist, oder ein "Patient", der bloß an Tabletten kommen wollte. All diese Teilstücke zusammen ergeben einen, um es milde auszudrücken, perfekten Einstieg in die Serie. Es werden alle Aspekte, die im Verlauf weiter behandelt werden, eingeführt und als Betrachter möchte man die Antworten auf die gestellten Fragezeichen, wie die Seelische Beschädigung von Cameron, bekommen.
Je weiter man in der ersten Staffel kommt, umso mehr kommen auch die Nebenhandlungen ins Spiel und verleihen den Charakteren damit zusätzliche Persönlichkeit und sie zeigen außerdem, wie sich die zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander entwickeln. In Episode 14 kommt, mit Edward Vogler, der erste größere Sub-Plot. Er spendet 100 Millionen Dollar an das Krankenhaus und will daher umgehend in den Aufsichtsrat, was so geschieht. Da dieser ein Geschäftsmann ist, sieht er House und sein Team als Geldverschwendung und möchte dieses beseitigen, was aber nicht gelingt. Vogler hatte es zwar geschafft, Wilson und Cameron aus dem Dienst zu suspendieren, konnte aber nicht die Entlassung von Cuddy durchsetzen. Ein paar Folgen später tritt Stacy Warner in die Serie, die ehemalige Frau von Dr. House, und offenbart weitere Charakterzüge von diesem. Aus dem Grundkonzept mit der Diagnose von Patienten wird nicht oft ausgebrochen, aber wenn es passieren sollte, dann mit Bravour. So zum Beispiel Folge 21, in welcher House eine Vorlesung für einen erkrankten Dozenten übernimmt und bringt den Studenten, in Form von drei zurückliegenden Fällen, in welchen die Patienten jeweils Probleme mit einem Bein hatten, die Diagnostik näher. Am Ende der Episode stellt sich der dritte Kranke als Dr. House selber heraus und man erfährt somit die Hintergründe zu seiner Oberschenkelerkrankung, den daraus entstandenen Konflikten mit seiner Frau Stacey und seiner eigenen Persönlichkeit, die sich durch diesen Vorfall stark verändert hat. Die Wirkung dieser Folgen ist auf den Zuschauer umso enormer, da gerade diese einen gewissen Seltenheitsfaktor haben.
In Staffel 3 investigiert der Polizist Michael Tritter am Princeton-Plainsboro und versucht Dr. House hinter Gitter zu bringen, weil er von ihm bei einer Untersuchung ohne wirklichen Grund ein Thermometer rektal eingeführt bekommen hat. Zudem entwickelt sich zwischen Cameron und Chase eine Liebesbeziehung und zum Staffelfinale wird Chase gefeuert und Foreman, sowie Cameron kündigen. Das für drei Staffeln bestehende Team ist weg, somit behandelt die vierte Staffel den Aufbau des neuen Teams in Form von einem von House geleiteten Wettbewerb, bei dem 40 Teilnehmer mitmachen. Doch unsere drei Ärzte sind nicht aus der Show verschwunden, sie sind lediglich in neue Abteilungen eingetreten. Chase wird Chirurg, Cameron ist in der Notaufnahme und Foreman leitet sein eigenes Diagnostikteam an einem anderen Krankenhaus. Letzterer kommt jedoch wieder zu House zurück, weil er wegen seinem "House-Stil" entlassen wurde. Mit dem neuen Team kommen auch weitere neue Charaktere hinzu, wie zum Beispiel ein jüdischer, allein erziehender, Vater, eine bisexuelle und tödlich erkrankte "Nummer 13" und die neue Freundin von Wilson. Alle diese Figuren sind, darstellerisch und von der Schreibweise der Produzenten her, sehr gut umgesetzt worden und verleihen neues Ausstrahlungsvermögen. Über die weiteren Staffeln kommt House in eine psychiatrische Einrichtung und auch in eine Strafanstalt, aber immer zieht es ihn an seine Arbeitsstelle zurück.
Zusammenfassend lässt sich aussagen, dass Dr. House über alle acht Staffeln hinweg sehr unterhaltsam ist. Das ab der ersten Folge integrierte Konzept funktioniert hervorragend, nicht nur wegen den Dialogen von House, sondern auch wegen den Fällen selber, da diese das Entertainment von der medizinischen Seite her mitbringen. Die diversen Nebenhandlungen geben der Serie, je länger sie andauert, ihre Persönlichkeit und geben dem Krankenhaus-Drama auch das Recht, sich als eine solche bezeichnen zu dürfen. Dazu werden immer wieder Highlights, durch beispielsweise den Ausbruch in ein Gefängnis oder eine Psychiatrie, gesetzt. Die Kombination aus schlechtem Menschen und brillanten Arzt ist durchaus geglückt.

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